Geschichte des Lauerzersees

Entstehung des Lauerzer Sees

Folgender Bericht ist ein Auszug aus:
BERICHTE DER SCHWYZERISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT

200 Millionen Jahre Erdgeschichte
Region: Arth – Goldau – Lauerz – Seewen – Ibach – Brunnen
Jakob Gasser

Vor 25'000 Jahren hatte die letzte Kaltzeit ihren Höhepunkt überschritten, die Gletscher waren auf dem Rückzug in die Alpentäler. Moränenablagerungen, Findlinge in Schwärmen oder Einzelblöcke, Talfüllungen, Deltabildungen, alte Flussläufe und Seebildungen zeichnen das Bild der Vergangenheit nach. Als Beispiel der Spurensuche und der Rekonstruktion der Landschaftsgeschichte wurde der „Lauerzer See und seine Umgebung“ ausgewählt.

25'000 - 16'000 Jahre vor heute

 Der Arm des Reussgletschers, der den Urmiberg bzw. die Rigi rechtsseitig umfloss, stirnte vor etwa 25'000 Jahren (Spätglazial) an der Felsschwelle von Oberarth. Granitfindlinge oberhalb der Bernerhöchi, beim Weidstein und im Zingel, zeigen eine Eisrandlage auf Kote 600 m ü.M. an. Auf der Steinerbergseite wurde vom Reusseis ein Blockschwarm im Ausmass von 900 m Länge und 250 m Breite (Bergsturz aus dem Reusstal) antransportiert. Infolge des einsetzenden Rückschmelzvorganges blieb diese Masse über dem heutigen „Blattiswald“ stationär und schmolz ab Kote 550 m ü.M. aus dem Eis aus. Der Gletscher zog sich kontinuierlich um etwa 5500 m bis in die Gegend von Seewen zurück. Der Rückzug dürfte sich im Schatten des Urmiberg wesentlich verlangsamt haben.

16'000 - 14'000 Jahre vor heute

 Ein erneutes Einsetzen einer Kaltzeit vor 15'000 Jahren bewirkte einen letzten Eisvorstoss, der im „Sägel“ endete. Die Eiszunge blieb etwa 100 Jahre stationär – Abschmelzen und Nachschub waren identisch – sodass sich ein Stirn- oder Endmoränen-Wall bilden konnte. Auf der Seite Lauerz bauten sich heute noch gut sichtbare Seitenmoränen auf. Die Bildung des Lauerzer Sees nahm seinen Anfang und das Zurückschmelzen des Eises seinen Fortgang.

14'000 - 10'000 Jahre vor heute

Der endgültige, spätglaziale Eiszerfall des Reussgletschers im Lauerzer See-Gebiet war nicht mehr aufzuhalten. Die Verlandung des untiefen „Sägel“ schritt sehr rasch voran. Die Steiner Aa schüttete das 

 

 
 

Erosionsmaterial vom Ober- und Unterlauf, in einer Menge von etwa 4 Mio. m3, in das Deltagebiet und rückte mit der Mündung 1 km seewärts. NE von Steinerberg löste sich ein Bergsturz aus der Molasse des Rossberg und erreichte mit seiner Sturzzunge knapp den Rand des Lauerzer See-Beckens (Bergsturz Rubenen). Dabei wurde das östliche Ende der „Blattiswald-Granit-Anhäufung“ tangiert.

10'000 - heute (Postglazial)

Gletscherschliffe, Moränen und Reuss-Erratiker kamen im Steinbruch Zingel zu Tage. Vom Zingel bis zum Weidstein ist der gesamte, sehr steile Hang mit nacheiszeitlich niedergefahrenem  Gehängeschutt bedeckt. Das Material stammt als Verwitterungsprodukt aus dem NWSchichtkopf des Urmiberg. Moränen und Findlinge liegen allenfalls unter diesem Schutt.

Vom Weidstein über Lauerz bis in den Bereich Buosigen sind Moränen vorhanden, die mit Findlingen in grosser Zahl durchsetzt sind. Oberhalb Lauerz ist der Hang auf einer Länge von 1.5 km von einem nacheiszeitlichen Bergsturz (kieselige Kalke) aus dem Gebiet Hochflue überfahren worden. Dieses Sturzmaterial verdeckt weitgehend die Seitenmoräne von Lauerz bis Buosigen. Der Bergsturz Röthen von 1222 und der Goldauer Bergsturz von 1806 überdeckten das verlandete Sägel-Gebiet und zerstörten zum grössten Teil den Endmoränen-Kranz im „Sägel“. Dieser kam beim Bau der Nationalstrasse teilweise zum Vorschein (Moräne und Granitblöcke). Die  wahrscheinlichste ehemalige Uferlinie des Ur-Lauerzer Sees lässt sich mittels Baugrundaufschlüssen gut belegen.

Zukunft des Lauerzer Sees

Seit dem Vorliegen verlässlicher Kartenwerke (Dufour-Karte 1865) lassen sich Veränderungen messen. Der Vergleich mit heutigen Karten zeigt, dass sich die Uferlinie in den letzten 100 Jahren unwesentlich verändert hat. In geologischen Zeiträumen hat sich die Mündung der Steiner Aa jedoch um 2000 m Richtung Lauerz verschoben. Das gesamte Delta hat sich entsprechend ausgedehnt. Geologisch gesehen seit kurzem wurde die Deltabildung durch Ausbaggerungen etwas reduziert. Mit dem Einbau von Sperren in der Steiner Aa wurde hauptsächlich der Kiestransport eliminiert – das Ausbaggern ist eingestellt worden. Feinste Schwebestoffe werden in den See eingetragen und sedimentiert. Eine Abnahme der Wassertiefe ist in der Sägel-Bucht bereits feststellbar. Ohne besondere Massnahmen wird der Lauerzer See in den nächsten 10'000 Jahren verlanden und danach der Vergangenheit angehören.

Blick in den vom Reuss-Gletscher bedeckten Talkessel von Schwyz zu Beginn der Bildung des Lauerzer Sees. Standort ist die vom Bergsturz 1806 überdeckte Stirnmoräne im Schutt, Goldau.